Die folgenden Gedanken wollen als ein Beitrag zur Blogparade der bildungspunks.de vom Februar 2018 verstanden sein. Das Thema „Lehrerbildung – Kompetenzen einer Lehrkraft in der digitalen Welt“ scheint mir schon was das genaue Wording angeht sehr gut durchdacht zu sein. Es geht nämlich nicht in erster Linie darum Lehrpersonen digitale Kompetenzen näherzubringen. Es geht vielmehr darum, ihnen unterrichtliche Kompetenzen in der digitalisieren Welt zu vermitteln.... ...Was auf den ersten Blick als Haarspalterei wirken kann, ist bei genauerer Betrachtung aber ein sehr großer Unterschied.
Die digitale Revolution verändert sowohl den Arbeitsmarkt als auch das alltägliche Leben radikal, und auf beides muss die Schule vorbereiten. Das bedeutet in erster Linie, dass Lehrende den wagen Blick, den uns die Zukunftsforschung geben kann im Auge behalten muss. Und hier steckt schon ein erstes Problem. Da in Österreich seit jeher die Lehrerausbildung im Mittelschulbereich zu einem großen Teil nicht an Universitäten, sondern an pädagogischen Hochschulen stattfindet, werden angehende Lehrende oft dahingehend sozialisiert, dass sie praktische Rezepte, schnell im Unterricht umsetzbare Tools oder Methoden erlernen wollen. Eine wissenschaftlich fundiere Auseinandersetzung mit der eigenen Profession wurde jedoch oft nicht gelernt und ist daher auch allzu oft gar nicht gewünscht. Aber genau diese Auseinandersetzung mit den Schnittlinien der Bildung, Unterrichtswissenschaft, Erziehungswissenschaft, Soziologie und diversen zukunftsorientierten Bereichen der Arbeitswelt ist wichtig, um einen „educated guess“ wagen zu können, was die Vorbereitung der Jugendlichen auf eine Zukunft angeht, die wir alle bestenfalls erahnen können. Die Vorbereitung der Jugend auf die digitale Zukunft kann nicht gelingen, wenn Lehrende in erster Linie in Anwendungskompetenzen geschult werden. Vielmehr ist es wichtig die Zukunftskompetenzen losgelöst vom digitalen zu betrachten. Die zukunftssicheren Jobs sind eben gerade jene, die nicht digital abgebildet werden können. Es sind Kompetenzen, wie Kreativität, selbstgesteuertes Lernen, Teamfähigkeit, Stärkenfokussierung in Teams, schnelle Reaktionsfähigkeit bezüglich sich schnell ändernder Aufgabenstellungen usw. gefragt. Und das alles natürlich umgesetzt in einer Welt, in der die digitalen Hilfsmittel all das ermöglichen. Langer Rede kurzer Sinn: Digitale Bildung bringt nur „digitale Fabrikarbeiter“ für Jobs mit sehr kurzfristigem Ablaufdatum hervor, wenn sie nicht kombiniert wird mit pädagogischen Idealen, wie sie schon diverse Reformpädagogen bis hin zu den Konstruktivsten immer wieder fordern. Bildung in einer digitalen Welt muss eine Bildung sein, welche die höchst individuellen Fähigkeiten jedes einzelnen fördert und zu selbstbestimmtem und kollaborativem Lernen anregt. Und das dann noch mit Hilfe kompetenter Anwendung neuer Medien und Technologien. Mikrofortbildungen, wie sie Alicia Bankhofer in einem anderen Beitrag dieser Blogparade beschreibt können meiner Ansicht nach nur kleine Schritte sein, die uns nicht schnell genug in die richtige Richtung bringen. Es muss vielmehr bei den Lehrenden, sowie bei den Lehrerbildenden Institutionen die Erkenntnis reifen, dass so radikale Umstellungen, wie sie dringend nötig sind, nur zu schaffen sein werden, wenn im großen Stil neu gelernt wird. Das heißt, dass erfolgreiche Lehrende in Zukunft das berufsbegleitende Studium als ganz natürlich ansehen müssen, dass die Lehrerbildungsanstalten entsprechende tiergehende Angebote schaffen müssen und dass nicht zuletzt ein leistungsbezogenes Besoldungsrecht solche Fortbildungen auch spürbar honorieren muss. Die Skispringer haben sich auch nicht in Mikrofortbildungen kleinschrittig vom Parallelstil auf den V-Stil umgestellt! Und die Umstellung auf ein zukunftsträchtiges Selbstverständnis der Lehrenden bedeutet noch deutlich radikalere Umbrüche als sie die Skispringer durchgemacht haben.
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AuthorKlaus Katzlberger, Lehrender an der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg Archives
February 2022
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